Neue Rote Liste der Brutvögel Schleswig-Holsteins

Die neue Rote Liste der Brutvögel in Schleswig-Holstein zeigt eine gemischte Bilanz. Einige klassische Flaggschiffarten des Naturschutzes sind als „ungefährdet“ eingestuft, 38 % gelten jedoch als bestandsgefährdet oder bereits ausgestorben. Sorge bereitet unter anderem die Entwicklung bei einigen Arten der Agrarlebensräume, da einst häufige und weit verbreitete Arten wie Feldlerche, Braunkehlchen und Wiesenpieper Bestandsrückgänge aufweisen und Teile des Landes geräumt haben.

Rote Liste dokumentiert auch positive Entwicklungen

Das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) des Landes Schleswig-Holstein hat am 13.6.2022 eine Neuausgabe der Roten Liste der Brutvögel vorgestellt: Von den 216 Vogelarten, die regelmäßig in Schleswig-Holstein brüten, sind 83 Arten (38 %) in eine der Gefährdungskategorien einzustufen. Auf der Vorwarnliste stehen 14 Arten (7%), als ungefährdet gelten derzeit 119 Arten (55%).

Dazu gehören 22 Arten, die als Brutvögel dauerhaft verschwunden sind, sodass sie im nördlichsten Bundesland als „Ausgestorben“ gelten. 23 Arten wurden als „Vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Hierzu zählen mit Lach-, Brand-, Zwerg- und Trauerseeschwalbe gleich vier Seeschwalbenarten. Auch die Bekassine, die vor wenigen Jahren noch regelmäßig in Mooren anzutreffen war, musste neu in diese Gefährdungseinstufung aufgenommen werden.

Der einst für die Agrarlandschaft charakteristische Gesang der Feldlerche ist immer seltener zu hören. Foto: Jan Kieckbusch

Der einst für die Agrarlandschaft charakteristische Gesang der Feldlerche ist immer seltener zu hören.

Foto: Jan Kieckbusch

„Stark gefährdet“ sind 18 Arten, u.a. die Küstenvogelarten Sand- und Seeregenpfeifer sowie die Küstenseeschwalbe. Auch das Rebhuhn, das ehemals in der offenen Agrarlandschaft weit im Land verbreitet war, hat in den vergangenen Jahren so stark im Bestand abgenommen, dass es jetzt in diese Gefährdungskategorie aufgenommen wurde. Zu den „gefährdeten“ Arten  gehören 13 Vogelarten, darunter Kiebitz, Rotschenkel und Feldlerche. Auf der Vorwarnliste  stehen 14 Arten, wie Austernfischer, Star und Wiesenpieper.

Positive Entwicklungen sind beispielsweise die wieder ansteigenden Brutbestände bei Weißstorch und Steinkauz im Zusammenhang mit gezielten Artenhilfsprogrammen. Auch von der Ausweisung der Naturwaldflächen haben Brutvögel profitiert. In der Agrarlandschaft haben sich mit den "Wilden Weiden" der Stiftung Naturschutz und auf Flächen der Vertragsnaturschutzprogramme zumindest kleine Refugien für Vogelarten entwickelt.

Gefährdungsursachen

Ursachen für Bestandsrückgänge bei Arten der Agrarlandschaft wie Rebhuhn, Braunkehlchen und Greifvögeln liegen im Verlust von Lebensräumen. Eine Gefährdung der Gelege vieler Küsten- und Wiesenvogelarten, die ihre Brutplätze im Feuchtgrünland, in Salzwiesen, auf Strandwällen und in Dünen haben, geht von Prädatoren wie Fuchs und Marderhund sowie Wanderratten aus. Hinzu kommt als Folge des Klimawandels eine Zunahme von Extremwetterlagen während der Brutzeit, wie die Hochwasser-Ereignisse, als viele Jungvögel kurz vor dem Flüggewerden ertranken. Auch auf die starke Abhängigkeit der Küstenvögel von ihren Beutetieren haben klimatische Veränderungen einen großen Einfluss.

Die Rote Liste

Die Erarbeitung der Roten Listen wird generell von Fachleuten und Spezialisten auf der Basis von umfangreichen Untersuchungen und Kenntnissen durchgeführt. In Schleswig-Holstein sind neben den vom Land beauftragten Erfassungen die von der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft für Schleswig-Holstein und Hamburg (OAGSH) zusammengestellten und ausgewerteten ehrenamtlich erhobenen Beobachtungsmeldungen die entscheidende Datengrundlage. Die vorliegende Rote Liste wurde gemeinsam von beruflichem und ehrenamtlichem Naturschutz erstellt.

Die Roten Listen des Landes Schleswig-Holstein, wie auch die Listen der anderen Länder, werden nicht vom Rote-Liste-Zentrum bzw. dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) herausgegeben, sondern von den jeweiligen Bundesländern. Das Rote-Liste-Zentrum übernimmt im Auftrag des BfN die Gesamtkoordination und fachliche Begleitung der bundesweiten Roten Listen der Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands.

Weitere Informationen

  • Ausführliche Informationen zur Roten Liste der Brutvögel Schleswig-Holsteins und den Gefährdungsursachen sowie zur Bestellung der gedruckten Publikation: Pressemitteilung des LLUR
  • Rote Liste der Brutvögel Schleswig-Holsteins als elektronische Publikation zum kostenlosen Download
  • Rote Liste der Brutvögel Deutschlands: DDA (Dachverband deutscher Avifaunisten)
Vor Hochwasser sichere Brutplätze, ausreichend Nahrung und keine Prädation sind die Voraussetzungen für einen guten Bruterfolg bei den Küstenseeschwalben. Foto: Jan Kieckbusch

Vor Hochwasser sichere Brutplätze, ausreichend Nahrung und keine Prädation sind die Voraussetzungen für einen guten Bruterfolg bei den Küstenseeschwalben.

Foto: Jan Kieckbusch