Ein mehrfacher Glückspilz

Wir stellen den Fliegenpilz zum Jahreswechsel vor, denn auf Neujahrskarten ist er ein Klassiker wie Glücksklee und Schweinchen. Er ist außerdem der „Pilz des Jahres 2022“. In einem launigen Radio-Beitrag des WDR verrät ein Mitarbeiter des Rote-Liste-Zentrums, was es mit dem Glückspilz und seiner Giftwirkung auf sich hat und wie Pilze und Bäume voneinander profitieren.

Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat den Fliegenpilz zum „Pilz des Jahres 2022“ gekürt

Künstlerische Freiheit: Der Zeichner dieser Karte hat die Hutoberseite eines Fliegenpilzes mit der Hutunterseite und dem dicken Fuß eines Röhrlings kombiniert. Bild: GMH

Künstlerische Freiheit: Der Zeichner dieser Karte hat die Hutoberseite eines Fliegenpilzes mit der Hutunterseite und dem dicken Fuß eines Röhrlings kombiniert.

Bild: GMH

Mit seinem leuchtend roten, weiß beflockten Hut kennt ihn jedes Kind. Die weißen Punkte sind die Reste eines Velums, einer dünnen weißen Hülle, die den jungen Fruchtkörper vollständig einhüllt und bei dessen Streckung und Dehnung zerreißt. Auf der Hutunterseite mit den weißen Lamellen reifen die Sporen heran. Der weiße Stiel hat eine verdickte Basis. Im oberen Stielbereich bleibt beim Aufschirmen des Huts eine zarte Manschette zurück.

Verstecktes Händchenhalten

Der Fliegenpilz (Amanita muscaria) lebt in Symbiose mit vielen Baumarten, am häufigsten mit Birken und Fichten. Sein unterirdisches fädiges Myzel umspinnt die Feinwurzeln dieser Gehölze und verbessert damit deren Fähigkeit zur Wasser- und Mineralstoff-Aufnahme. Im Gegenzug bekommt der Pilz von den Bäumen energiereiche organische Verbindungen. Baum und Pilz reichen sich quasi unterirdisch die Hände und profitieren beide davon. Wenn Gärten und Parks nicht mit Dünger, Fertigrasen und Mährobotern traktiert werden, kann sich die Art auch dort unter den genannten Bäumen ansiedeln. In Deutschland ist der Fliegenpilz sehr häufig und in der Roten Liste der Großpilze als ungefährdet verzeichnet.

Der Name verweist auf einen alten Hausgebrauch

Fliegenpilze sind wegen der kontrastreich rot-weißen Hüte unverwechselbar. Foto. Dr. Günter Matzke-Hajek

Fliegenpilze sind wegen der kontrastreich rot-weißen Hüte unverwechselbar. Nur ein kräftiger Regenguss kann die weißen Flöckchen manchmal abwaschen. 

Foto: Dr. Günter Matzke-Hajek

Früher benutzte man in erhitzter Milch eingeweichten Fliegenpilz, um lästige Fliegen und Mücken anzulocken und zu betäuben. In manchen Gegenden wurde er deshalb auch „Mückenschwamm“ genannt. Der Fliegenpilz ist zwar mit dem tödlich giftigen Grünen Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) verwandt, aber längst nicht so gefährlich. Trotzdem warnt die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) vor dem Verzehr und rät insbesondere von Selbstversuchen als Rauschmittel ab.

Ähnliche Pilzarten gibt es bei uns kaum. Allenfalls der in Südeuropa als Speisepilz geschätzte, aber in Deutschland sehr seltene Kaiserling (Amanita caesarea) hat ähnliche Hutfarben. Ihm fehlen aber die weißen Tupfen. Außerdem ist sein Stielfleisch gelb gefärbt, das des Fliegenpilzes ist hingegen weiß.

Warum gibt es einen Pilz des Jahres?


Seit 1994 wählt die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) alljährlich den „Pilz des Jahres“. Die präsentierte Art soll stellvertretend für alle Pilze den Blick der Öffentlichkeit auf die wichtige Rolle der Pilze im Ökosystem richten. Gleichzeitig soll darauf hingewiesen werden, welche grundlegende Bedeutung der Erforschung der Pilze, der Mykologie, für den Menschen zukommt. Die DGfM sieht bei Pilzen die Gefahr, dass von den geschätzten eineinhalb Millionen lebenden Arten eine Menge bereits ausgestorben sein wird, bevor man überhaupt Kenntnis von ihnen erlangen konnte.

Weitere Informationen

In solchen Fichtenwäldern sind Fliegenpilze vielerorts häufig. Foto: Dr. Günter Matzke-Hajek

In solchen Fichtenwäldern sind Fliegenpilze vielerorts häufig.

Foto: Dr. Günter Matzke-Hajek

Fliegenpilz
(Amanita muscaria)

 

Rote-Liste-Kategorie: Ungefährdet