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Wissenschaftlicher Name
Vipera aspis (Linnaeus, 1758)
Deutscher Name
Aspisviper
Organismengruppe
Reptilien
Rote-Liste-Kategorie
Vom Aussterben bedroht
Verantwortlichkeit Deutschlands
Allgemeine Verantwortlichkeit
Aktuelle Bestandssituation
extrem selten
Langfristiger Bestandstrend
mäßiger Rückgang
Kurzfristiger Bestandstrend
Abnahme im Ausmaß unbekannt
Vorherige Rote-Liste-Kategorie
Vom Aussterben bedroht
Kategorieänderung gegenüber der vorherigen Roten Liste
Kategorie unverändert
Kommentar zur Gefährdung
Die Aspisviper ist in Deutschland extrem selten und kommt nur in Baden-Württemberg vor. Die TK25-Q-Rasterfrequenz im Zeitraum 2000 bis 2018 beträgt nur 0,03 %. Das einzige aktuell bestehende Vorkommen in Deutschland liegt im Südschwarzwald und erstreckt sich über eine Fläche von 270 ha. Am Grenzacher Horn, einem Kalkfels am Hochrhein unweit von Basel, kam die Art bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts sehr wahrscheinlich vor. Die Annahme beruht auf einer Veröffentlichung von Müller (1884), der von zweifelhaften „Kreuzotter“-Funden an der Grenzacher Rheinhalde und am Grenzacher Horn berichtete. Dabei dürfte es sich aus klimatischen Gründen um die Aspisviper gehandelt haben. Im Freiburger Naturkundemuseum befindet sich ein Beleg der Aspisviper (großes Weibchen) aus Grenzach aus dem Jahre 1902. Zweifelhaft ist ein früheres Vorkommen in der Umgebung des Isteiner Klotzes (z. B. Förster 1902). Der einzige Originalbericht eines Nachweises stammt von Huber (1916). In beiden Gebieten kommt die Aspisviper heute nicht mehr vor (vgl. Fritz & Lehnert 2007). Durch ein ehrenamtliches Erfassungsprogramm, welches seit 1983 durchgeführt wird, ist umfangreiches Datenmaterial zusammengetragen worden (K. Fritz, unveröffentl.), welches folgende Experteneinschätzung zulässt: Im langfristigen Bestandstrend zeigt die Aspisviper in Deutschland einen mäßigen Rückgang. Beim kurzfristigen Bestandstrend wird von einer Abnahme unbekannten Ausmaßes ausgegangen. Aus diesen Kriterienschätzungen folgt die RoteListe-Kategorie „Vom Aussterben bedroht“. Es ergeben sich keine Änderungen bei der Einstufung der einzelnen Kriterien und der Rote-Liste-Kategorie. Infolge einer veränderten Brennholzgewinnung und der nachlassenden Nutzung der schwer zu bewirtschaftenden Steilhänge seit Mitte des vorigen Jahrhunderts verinselten viele Vipernhabitate. Der Vergleich der aktuellen Luftbilder mit denen aus den 1950er Jahren zeigt, dass sich im Bereich der heutigen Kernhabitate die Überschirmung durch Bäume nur unwesentlich verändert hat. In den Rand- und Zwischenbereichen jedoch hat die Beschattung durch Gehölze deutlich zugenommen. An manchen Stellen ist heute eine um mehr als 50 % dichtere Überschirmung festzustellen. Durch die Ausweisung von Bannwäldern in Teilen des Verbreitungsgebiets geht die Möglichkeit verloren, gezielt in den Waldbestand einzugreifen, um beispielsweise Geröllflächen oder Felsen freizustellen. Auch können keine Verbindungskorridore zwischen bestehenden Populationen geschaffen oder erhalten werden. Durch Stickstoffeinträge über die Luft werden magere Böden aufgedüngt. Zahlreiche in den 1980er Jahren noch offene Sonnenplätze sind in der Folge mittlerweile durch stärkere Vegetationsentwicklung verschwunden. Krautige Pflanzen und Sträucher, vor allem Brombeer-Arten, breiten sich stellenweise stark aus. Im Gegenzug kommen in Teilbereichen Gämsen (allochthon) vor, die die krautige Vegetation, Brombeeren und die unteren Äste der Bäume kahlfressen. Dies führt zwar lokal zu einer Offenhaltung, andererseits gehen aber dadurch wertvolle Teilhabitate wie Gebüsche aus Schlehen, Rosen, Liguster etc. verloren, die zwischen den Felshängen oft die einzigen Verstecke bieten. In diesen Bereichen ist in den vergangenen Jahren auch der stärkste Rückgang zu verzeichnen. Der Verlust durch den Straßenverkehr ist mit 40 nachgewiesenen Totfunden seit 1984 (Dunkelziffer sicherlich viel höher) relativ hoch. Meist sind vagabundierende Männchen oder juvenile Tiere die Opfer.Ein weiteres und in letzter Zeit zunehmendes Problem dürften Störungen der Lebensräume durch Schlangensucher darstellen, der sogenannte HerpetoTourismus.
Weitere Kommentare
Die Aspisviper wird zwar nicht als Art des Anhangs IV der FFH-Richtlinie aufgeführt, ist jedoch nach der Bundesartenschutzverordnung „streng geschützt“. Die folgenden Schutz- und Aufwertungsmaßnahmen sind angeraten: Über mehrere Jahre verteilt ist das Auflichten von Randbereichen und Vernetzungskorridoren zwischen den Blockhalden sowie die Förderung der natürlich vorkommenden Lichtbaumarten Eiche und Kiefer erforderlich; in Bereichen mit starker krautiger Vegetation sind Pflegemaßnahmen durchzuführen, um geeignete Sonnenplätze zu erhalten und zu schaffen; in den Teilbereichen mit hoher Dichte an Gämsen sind Vergrämungsmaßnahmen umzusetzen; die maschinelle Straßenrandpflege durch die Straßenmeistereien sollte auf bestimmten Strecken außerhalb der Aktivitätszeit der Schlangen erfolgen.
Einbürgerungsstatus
Indigene oder Archäobiota
Quelle

Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Reptilien (Reptilia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (3): 64 S.