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Wissenschaftlicher Name
Vipera berus (Linnaeus, 1758)
Deutscher Name
Kreuzotter
Organismengruppe
Reptilien
Rote-Liste-Kategorie
Stark gefährdet
Verantwortlichkeit Deutschlands
Allgemeine Verantwortlichkeit
Aktuelle Bestandssituation
selten
Langfristiger Bestandstrend
sehr starker Rückgang
Kurzfristiger Bestandstrend
starke Abnahme
Vorherige Rote-Liste-Kategorie
Stark gefährdet
Kategorieänderung gegenüber der vorherigen Roten Liste
Kategorie unverändert
Kommentar zur Gefährdung
In Deutschland liegen die Verbreitungsschwerpunkte der Kreuzotter in den Moor- und Heidegebieten der Norddeutschen Tiefebene, in den östlichen Mittelgebirgen sowie im südlichen Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb, im südlichen Alpenvorland und im Alpenraum. Große Teile Brandenburgs, Nordrhein-Westfalens, Hessens, Baden-Württembergs sowie Bayerns sind nicht besiedelt. In den Bundesländern Bremen, Rheinland-Pfalz und Saarland fehlt die Kreuzotter vollständig. Die Kreuzotter weist aktuell eine TK25-Q-Rasterfrequenz von 11,90 % (Zeitraum 2000 – 2018) auf und gilt damit als selten. Langfristig ist von einem sehr starken Rückgang auszugehen, der insbesondere durch Prämienzahlungen für getötete Kreuzottern zu Beginn des 20. Jahrhunderts gut dokumentiert ist (Schiemenz 1985, Podloucky 1993). Der sehr starke Negativtrend der Art lässt sich aber auch an den massiven Verlusten an Lebensräumen (z. B. Moore, Heiden) festmachen. Aufgrund der weiter unten aufgeführten, auch in den vergangenen zwei Jahrzehnten wirkenden Gefährdungsursachen wird für den kurzfristigen Bestandstrend eine starke Abnahme angenommen. Die Einschätzung der aktuellen Bestandssituation und der Bestandstrends führt zur Rote-Liste-Kategorie „Vom Aussterben bedroht“. Da es jedoch Teilbestände der Art gibt, die ausreichend gesichert sind, fällt die Kreuzotter in die Kategorie „Stark gefährdet“. Viele Kreuzotterpopulationen sind in ihren Vorkommensgebieten bereits zunehmend von Naturschutzmaßnahmen abhängig. Im Gegensatz zur Roten Liste 2009 wird die aktuelle Bestandssituation der Kreuzotter nicht mehr als mäßig häufig, sondern als selten eingestuft. Trotz der Verschärfung dieses Kriteriums ergibt sich aufgrund der stabilen Teilbestände der Kreuzotter keine Änderung der Rote-Liste-Kategorie gegenüber der Roten Liste 2009. Im Einzelnen handelt es sich um Gefährdungsfaktoren, die entweder den Lebensraum zerstören oder zu hohen Tierverlusten führen: (Erst-)Aufforstung halboffener Lebensräume im Wald (Lichtungen, Windwurfflächen, Wegränder) und angrenzender Flächen; Änderungen in der Forstwirtschaft (Fehlen von Kahlschlägen); Verbuschung bzw. Bewaldung halboffener Lebensräume und lichter Waldstandorte infolge Sukzession; Intensivierung landwirtschaftlicher Nutzung; Umbruch von Ödland; Wiederaufnahme der landwirtschaftlichen Nutzung von Grünlandbrachen; Verlust von Feld-/Wegrainen; Zerstörung von Randzonen; Beseitigung von Habitatstrukturen (Hecken, Totholz, Steinhaufen etc.); Entwässerung und Abtorfung von Hochmooren durch industrielle Torfgewinnung; aus Artenschutzsicht unsachgemäß durchgeführte Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen u. a. in Heiden und Mooren (Zeitpunkt und Flächengröße bei Mahd, Plaggen, Brennen, Beweidung, Wiedervernässung, Renaturierungsmaßnahmen in degenerierten Hochmooren); zunehmende Eutrophierung; Habitatfragmentierung und Isolation sowie dadurch bedingte verringerte Habitatfläche der einzelnen Vorkommen.; Verluste durch Tötung bei Mahd von Säumen und Grabenböschungen entlang von Straßen und Wegen, durch Verkehr auf Straßen, Forst- und Wirtschaftswegen; verstärkte Prädation durch gebietsweise erhöhte Wildschweindichten, u. a. begünstigt durch Kirrungen; fehlende junge Braunfrösche als Nahrungsgrundlage für junge Kreuzottern durch Mangel an Laichgewässern; Austrocknen von Mooren durch den Klimawandel und ungünstige Jahreswitterungsverläufe.
Weitere Kommentare
Folgende Maßnahmen sollten zum Schutz der Kreuzotter umgesetzt werden: Erhaltung und Entwicklung besonnter Freiflächen und Wegsäume in Wäldern; Förderung lichter Waldformen; Offenhalten von Zwergstrauchheiden und Moorrändern, Abbaugruben, südexponierten Dämmen und Böschungen; Erhaltung und Förderung von Kleinstrukturen wie Baumstubben, Totholz-, Reisig-, Steinhaufen oder Steinriegeln als Versteckmöglichkeiten und Winterquartiere; Lebensraumvernetzung durch Pflege und Entwicklung von „Trittsteinen“ und linienförmigen Landschaftsstrukturen wie Wald- und Wegsäumen, Waldschneisen, Gehölzen, Hecken, Ruderalflächen, Stromtrassen; ggf. Querungshilfen an Straßen; zeitliche und flächenmäßige Berücksichtigung der Lebensraumansprüche der Kreuzotter bei der Pflege und Entwicklung von Heidegebieten und Hochmooren; Einbeziehung des Kreuzotterschutzes bei Verkehrssicherungs- und Instandhaltungsmaßnahmen an Straßen, Schienen und Wasserstraßen sowie bei der Unterhaltung von Gräben auf Moorstandorten; notwendige Mäharbeiten von Randstreifen in Kreuzotter-Habitaten nur unter Einsatz von Freischneidern und Balkenmähern (Schnitthöhe 10 – 15 cm); effektives Wildschweinmanagement; keine Kirrungen; bei Mangel an Kleingewässern Neuanlage von Laichgewässern für Braunfrösche als wichtige Nahrungsgrundlage für junge Kreuzottern; Aufklärungsarbeit.
Einbürgerungsstatus
Indigene oder Archäobiota
Quelle

Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Reptilien (Reptilia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (3): 64 S.