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Wissenschaftlicher Name
Lacerta viridis (Laurenti, 1768)
Deutscher Name
Östliche Smaragdeidechse
Organismengruppe
Reptilien
Rote-Liste-Kategorie
Vom Aussterben bedroht
Verantwortlichkeit Deutschlands
In besonderem Maße für hochgradig isolierte Vorposten verantwortlich (diese werden in den Kommentaren benannt, sofern dies nicht auf alle Vorkommen in Deutschland zutrifft)
Aktuelle Bestandssituation
extrem selten
Langfristiger Bestandstrend
sehr starker Rückgang
Kurzfristiger Bestandstrend
stabil
Risiko/stabile Teilbestände
Risikofaktor(en) ist/sind vorhanden und wirksam
Risikofaktoren
Verstärkte direkte Einwirkungen
Verstärkte indirekte Einwirkungen
Vorherige Rote-Liste-Kategorie
Vom Aussterben bedroht
Kategorieänderung gegenüber der vorherigen Roten Liste
Kategorie unverändert
Kommentar zur Verantwortlichkeit
Die brandenburgischen Vorkommen der Östlichen Smaragdeidechse sind vom Hauptareal der Art hochgradig isolierte Vorposten, für die Deutschland in besonderem Maße verantwortlich ist. Die Vorkommen sind dem Areal der Art mehrere hundert Kilometer nordwestlich vorgelagert und damit zoogeografisch eine außerordentliche Besonderheit.
Kommentar zur Gefährdung
Die Östliche Smaragdeidechse kommt in Deutschland autochthon nur in zwei weiträumig getrennten Gebieten innerhalb der kontinentalen Region vor (Rykena et al. 1996). Es handelt sich um dem Hauptareal weit nordwestlich vorgelagerte Reliktpopulationen im ostbrandenburgischen Heide- und Seengebiet und um Vorkommen an den Südhängen des Donautals östlich von Passau. Für die Art liegen umfassende faunistische Daten vor. Mit einer TK25-Q-Rasterfrequenz von 0,1 % (Zeitraum 2000 – 2018) ist die Art in Deutschland extrem selten. Die Individuenzahlen der kleinen bis mittelgroßen Vorkommen schwanken erheblich. Wiederansiedlungsprojekte in Brandenburg befinden sich in der Anfangsphase und wurden in die vorliegende Bewertung nicht einbezogen (Schneeweiß 2012). Die langfristig sehr starken Bestandsrückgänge sind mit ungünstigen Witterungsphasen (Peters1970) und damit verbundenen Reproduktionseinbußen sowie mit einer Verschlechterung bzw. einem Verlust von Habitaten (z. B. infolge von Aufforstung, Zersiedlung und Sukzession) zu erklären. Im Berliner Raum haben zudem Tierfang und -handel zur Dezimierung einzelner Vorkommen beigetragen. Maßnahmen zur Erhaltung und Aufwertung der Lebensräume sowie günstige Witterungsphasen in den letzten 25 Jahren hatten eine Stabilisierung einzelner Vorkommen zur Folge. Jedoch wirken grundlegende Veränderungen im Zusammenhang mit der Unterhaltung und dem Ausbau von Verkehrswegen, der Eutrophierung und Sukzession sowie einer gebietsweise hohen Prädatorendichte weiterhin negativ auf die Bestände ein. Deutschlandweit wird der kurzfristige Bestandstrend insgesamt als stabil bewertet. Besondere Risiken, die voraussichtlich zu einer Verschlechterung des kurzfristigen Bestandstrends führen werden, stehen im Zusammenhang mit verstärkten direkten menschlichen Einwirkungen (Risikofaktor D) wie z. B. dem forstlichen und touristischen Wegebau, dem zunehmenden Straßen- und Wegeverkehr (Schneeweiß & Bohle 2011), dem Ausbau von Siedlungen sowie der beschleunigten Sukzession (Risikofaktor I) infolge von Nährstoffeinträgen aus angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen und aus der Atmosphäre (Elbing 2016, Aßmann & Bayerl 2019). Insgesamt ergibt sich die Rote-Liste-Kategorie „Vom Aussterben bedroht“. Auf die Abhängigkeit der Art von Naturschutzmaßnahmen wird durch das Zusatzmerkmal „Na“ hingewiesen. Aufgrund einer Experteneinschätzung mit verbesserter Datenbasis wurde der langfristige Bestandstrend von der Kriterienklasse „starker Rückgang“ auf „sehr starker Rückgang“ hochgestuft. Gegenwärtig ist die Gefährdung der Östlichen Smaragdeidechse vor allem auf folgende Ursachen zurückzuführen (Elbing 2016, Aßmann & Bayerl 2019): Unterhaltung und Ausbau von Verkehrs- und Forstwegen sowie zunehmender Verkehr; zunehmende touristische Erschließung und Nutzung der Lebensräume; zunehmende Fragmentierung der Vorkommen; Sukzession offener Habitate, zum Teil durch Nährstoffeinträge beschleunigt; Entwertung von Habitaten durch Neophyten (z. B. Robinie); Anwendung von Insektiziden in Forstkulturen; Waldbrände; Lebensraumverluste z. B. durch Nutzungswandel (Landwirtschaft) oder durch Ausweitung von Siedlungen; Bestandszunahme von Prädatoren (u. a. Neozoen wie z. B. der Waschbär); Bestandseinbußen durch illegalen Fang; mögliches Aussetzen von Terrarientieren, daraus resultierender Verlust genetischer Integrität und überlebenswichtiger Anpassungen und/oder Übertragung von Krankheiten.
Weitere Kommentare
Nahezu alle Vorkommen der Östlichen Smaragdeidechse liegen in Naturschutz- und FFH-Gebieten. Die Schutzmaßnahmen werden auf Grundlage von Pflege- und Managementplänen darauf ausgerichtet, die Populationen zu stabilisieren und die Anzahl der Vorkommen zu vergrößern. Wichtigstes Instrument hierbei ist die Erhaltung der Habitate in einem günstigen Zustand und die Anlage neuer Habitate in einem räumlich günstigen Verbund. Regelmäßige Pflegemaßnahmen sind unverzichtbar und beinhalten u. a. das Auflichten von Gehölzbeständen bzw. Forstkulturen, das Entkusseln und die extensive Beweidung von Teilflächen (ggf. rotierend), die Wiesenmahd, das Abplaggen dichter Vegetationsdecken sowie die Anlage von Strukturen aus Totholz und/oder Gestein in thermisch günstigen Lagen (Schneeweiß & Stein 2012, Aßmann & Bayerl 2019). Der Strukturvielfalt in offener bzw. halboffener Lage kommt große Bedeutung zu. L. viridis meidet beispielsweise monotone Calluna-Heiden. Mit dem Ziel der Vernetzung der Vorkommen werden „Trittsteine“ angelegt und Barrieren abgebaut. Zum Schutz vor Prädatoren oder Weidetieren hat sich in Brandenburg die Umzäunung von Kernhabitaten bzw. „Trittsteinen“ bewährt. Wiederansiedlungen in früheren Vorkommensbereichen in Brandenburg und dem Berliner Raum erweitern das Spektrum der Schutzmaßnahmen und können das Aussterberisiko reduzieren.
Arealrand
Nordwestlich
Einbürgerungsstatus
Indigene oder Archäobiota
Quelle

Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Reptilien (Reptilia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (3): 64 S.