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Wissenschaftlicher Name
Epidalea calamita (Laurenti, 1768)
Synonyme bzw. Name in der vorherigen Roten Liste
Bufo calamita Laurenti, 1768
Deutscher Name
Kreuzkröte
Organismengruppe
Amphibien
Rote-Liste-Kategorie
Stark gefährdet
Verantwortlichkeit Deutschlands
In hohem Maße verantwortlich
Aktuelle Bestandssituation
mäßig häufig
Langfristiger Bestandstrend
sehr starker Rückgang
Kurzfristiger Bestandstrend
starke Abnahme
Vorherige Rote-Liste-Kategorie
Vorwarnliste
Kategorieänderung gegenüber der vorherigen Roten Liste
Aktuelle Verschlechterung der Einstufung
Kommentar zur Taxonomie
Die Kreuzkröte wird im Gegensatz zur letzten Roten Liste von Kühnel et al. (2009) in der vorliegenden Fassung der Gattung Epidalea zugeordnet. Zuvor wurde der Name Bufo calamita Laurenti, 1768 genutzt.
Kommentar zur Verantwortlichkeit
Entsprechend Sinsch (2009) und Sillero et al. (2014) umfasst der Anteil Deutschlands am Gesamtareal 10 bis 30 %, wobei der Populationsanteil mutmaßlich (noch) höher ausfällt. Aufgrund seiner Lage im Zentrum des Verbreitungsgebietes ist Deutschland in hohem Maße für die weltweite Erhaltung der Kreuzkröte verantwortlich.
Kommentar zur Gefährdung
Die Kreuzkröte zählt zu den am weitesten verbreiteten Froschlurcharten Europas. Ihr Areal erstreckt sich über Teile der mediterranen, atlantischen und kontinentalen biogeographischen Regionen (Sinsch 2009, Sillero et al. 2014). Die weite Verbreitung spiegelt sich auch in Deutschland wider, wo die Kreuzkröte in allen Bundesländern, wenngleich oftmals nur lückig, vertreten ist. Mit einer TK25-Q-Rasterfrequenz (Zeitraum 2000 – 2018) von 16,03 % erreicht sie die Kriterienklasse „mäßig häufig“. Sie kommt von den dünengeprägten Küstenregionen über die Norddeutsche Tiefebene bis zu den Mittelgebirgen vor, wobei deren höhere Lagen, die Alpen, ihr Vorland sowie generell stark waldgeprägte Regionen gemieden werden (Günther & Meyer 1996). Innerhalb Deutschlands verläuft die südliche Grenze des Gesamtareals der Art durch Bayern und Baden-Württemberg. Die von der Kreuzkröte besiedelten Primärhabitate (v. a. Auenhabitate) sind nur noch rudimentär erhalten und beschränken sich heute auf wenige Küsten- und Sandergebiete Norddeutschlands. Wie keine andere Amphibienart ist sie vorrangig eine Besiedlerin von oftmals stark anthropogen überformten Lebensräumen, welche von militärischen Übungsplätzen über klein- und großflächige Abgrabungen und Bergbaulandschaften bis zu Brachflächen im suburbanen Raum reichen. Diese überwiegende Bindung an Sekundärlebensräume, welche ihrerseits derzeit einem starken Nutzungswandel unterliegen, bedingt eine sehr hohe Vulnerabilität des nationalen Bestandes. Im langfristigen Bestandstrend wird von einem sehr starken Rückgang ausgegangen. Verantwortlich dafür sind der fast vollständige Verlust der in ihrer Bedeutung bisher unterschätzten früheren Kleinabgrabungen, die Transformation der Bergbaufolgelandschaften und die Konversion militärischer Liegenschaften. Auch das Baugeschehen der Nachkriegszeit, von dem die Kreuzkröte stark profitierte, schafft heute keine für sie nutzbaren Habitate mehr. Beim kurzfristigen Bestandstrend wird eine starke Abnahme angenommen (siehe Gefährdungsursachen). Mit der daraus folgenden Einstufung in die RoteListe-Kategorie „Stark gefährdet“ zählt die Kreuzkröte derzeit zu den am stärksten gefährdeten Lurcharten Deutschlands. Damit sich die Gefährdungssituation der Art nicht verschärft, müssen Naturschutzmaßnahmen dringend fortgesetzt oder neu ergriffen werden. Auf diese Abhängigkeit wird durch das Zusatzmerkmal „Na“ hingewiesen. Die zunehmende Fragmentierung der Vorkommen sowie eine sich verschärfende Reduzierung des Reproduktionserfolges infolge steigender Austrocknungstendenz der Kleingewässer stellen Risiken für die Art dar, die jedoch noch nicht als Risikofaktoren im Sinne der bundesweiten Rote-Liste-Methodik gewertet werden. Die Verschärfung der Rote-Liste-Kategorie von „Vorwarnliste“ auf „Stark gefährdet“ basiert sowohl auf der deutlich verschlechterten aktuellen Bestandssituation als auch auf einer veränderten Einschätzung des langfristigen Bestandstrends von mäßigem zu sehr starkem Rückgang. Diese Änderung ist sowohl auf aktuelle Prozesse (Bergbau, Konversion) als auch auf die Neubewertung historischer Verluste (Primärhabitate, Kleinabgrabungen) zurückzuführen. Die Kreuzkröte ist insbesondere durch folgende Faktoren gefährdet: Großflächige Nutzungsaufgabe von militärischen Übungsplätzen im Rahmen des nationalen Konversionsprozesses, oftmals kombiniert mit fehlender oder inadäquater Anschlussperspektive bei der Offenhaltung von Gewässer- und Landhabitaten; bereits vollzogenes Ende der Steinkohle- und bevorstehender Ausstieg aus der Braunkohleförderung mit sehr großflächigen und in der Regel ersatzlosen Habitatverlusten infolge Rekultivierung der Kippenflächen sowie Flutung der Tagebauhohlformen und Restlöcher; Wandel der Abbautechnologien in der Steine-Erden-Industrie, insbesondere im Kies- und Sandabbau durch Übergang von Trocken- zu Nassabgrabungen mit Verlust von Kleinstgewässern auf Grubensohlen und -bermen; zunehmendes Austrocknungsrisiko der Laichgewässer infolge des sich verstärkenden, klimawandelbedingten Trends zu Frühjahrstrockenheit, auch in den natürlichen und halbnatürlichen Habitaten; Entwertung und Komplettverlust von Kleingewässern, z. B. durch Sukzession.
Weitere Kommentare
Die Kreuzkröte ist in Schutzgebieten – insbesondere in der Natura-2000-Kulisse – in den meisten Bundesländern deutlich unterrepräsentiert, wobei für diese Art ausschließlich hoheitliche Maßnahmen auch kein ausreichendes Schutzinstrument darstellen. Das entscheidende Kriterium ist vielmehr die Sicherung bzw. Wiederherstellung eines hohen Grades von Landschaftsdynamik. Perspektivisch sind die Vorkommen in sich selbst tragenden Primärhabitaten zu stärken und deren Anteil deutlich zu erhöhen. Dazu müssen vor allem Auenlebensräume großflächig revitalisiert werden. Unabhängig davon werden jedoch Sekundärhabitate kurz- bis mittelfristig weiterhin das Lebensraum-Rückgrat für die Art bilden. Vor allem in Abbaugebieten des Kohlebergbaus und der Steine-und-Erden-Industrie sowie auf militärischen Liegenschaften ist daher eine enge Kooperation mit den Nutzern und Nutzerinnen sowie Eigentümern und Eigentümerinnen erforderlich, die im Falle der Bergbautreibenden sowohl die Gewinnungs- als auch die Nachnutzungsphase berücksichtigen muss. Angesichts des rapiden Bestandsrückgangs in den größten Teilen des Bundesgebietes sollten auf der Ebene der Länder eine kurzfristige Erarbeitung und ambitionierte Umsetzung von Schutzkonzepten erfolgen, um die Kreuzkröte in der Fläche zu halten, die Konnektivität der Populationen zu sichern und einem Zurückweichen der Arealgrenze entgegenzuwirken.
Einbürgerungsstatus
Indigene oder Archäobiota
Quelle

Rote-Liste-Gremium Amphibien und Reptilien (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Amphibien (Amphibia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (4): 86 S.