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Wissenschaftlicher Name
Cricetus cricetus (Linné, 1758)
Deutscher Name
Feldhamster
Organismengruppe
Säugetiere
Rote-Liste-Kategorie
Vom Aussterben bedroht
Verantwortlichkeit Deutschlands
In besonders hohem Maße verantwortlich
Aktuelle Bestandssituation
sehr selten
Langfristiger Bestandstrend
sehr starker Rückgang
Kurzfristiger Bestandstrend
starke Abnahme
Risiko/stabile Teilbestände
Risikofaktor(en) ist/sind vorhanden und wirksam
Risikofaktoren
Verstärkte direkte Einwirkungen
Fragmentierung/Isolation
Wiederbesiedlung in Zukunft nach Habitatverlusten sehr erschwert
Vorherige Rote-Liste-Kategorie
Vom Aussterben bedroht
Kategorieänderung gegenüber der vorherigen Roten Liste
Kategorie unverändert
Kommentar zur Verantwortlichkeit
Wegen der dramatischen Rückgänge in allen Teilen des Areals und des in Auflösung begriffenen eurasischen Gesamtverbreitungsgebiets wird der Feldhamster durch die IUCN aktuell weltweit als „Critically Endangered“ (entspricht „Vom Aussterben bedroht“) eingestuft (Banaszek et al. 2020). In Europa war der sehr starke Rückgang schon früher erkennbar (z.B. Rusin et al. 2013, Surov et al. 2016). Als Konsequenz aus der Gefährdungseinstufung der IUCN ist Deutschland für die weltweite Erhaltung der Art in besonders hohem Maße verantwortlich. Zusätzlich gibt es in Nordrhein-Westfalen Anstrengungen, die inzwischen in Freiheit ausgestorbenen linksrheinischen Populationen des Feldhamsters vor dem endgültigen Erlöschen zu bewahren. Die von Meinig (2004) noch mit einem Fragezeichen versehene Eigenständigkeit dieser oft als C. cricetus canescens bezeichneten Linie wurde inzwischen durch die Untersuchung morphologischer und genetischer Merkmale bestätigt (Schröder et al. 2013). Die Autoren verzichten zwar auf die formale Benennung als Unterart, schließen aber aus ihren Daten auf eine seit mehreren tausend Jahren bestehende vollständige Isolation der Vorkommen. Seit 2017 ist die Form in Nordrhein-Westfalen im Freiland ausgestorben. Im Frühjahr 2019 begann ein Wiederansiedlungsprojekt mit 128 Tieren aus einer Gefangenschaftszucht im ehemaligen Vorkommensgebiet (LANUV 2019).
Kommentar zur Gefährdung
Die Situation des Feldhamsters hat sich seit der letzten Roten Liste (Meinig et al. 2009) nochmals drastisch verschlechtert. In allen Vorkommensgebieten sind fortgesetzte Bestands- und Arealrückgänge zu verzeichnen (z. B. DRL 2014, Rudolph & Boye 2017). In Nordrhein-Westfalen ist die Art seit 2017, als die letzten fünf Tiere für ein Erhaltungszuchtprogramm gefangen wurden, ausgestorben (NABU NRW 2017). Im Mai 2019 wurden die ersten Tiere auf besonders bewirtschafteten Flächen freigesetzt (Pieper 2019). Ob die Wiederansiedlung gelingt, bleibt abzuwarten. Obwohl die Rückgangsursachen hinreichend bekannt sind (Zusammenstellung z. B. in Meinig et al. 2014), ist der weitere Rückzug der Art aus der Fläche nicht durch entsprechende Maßnahmen gestoppt worden. Moderne landwirtschaftliche Methoden (vgl. Köhler et al. 2014) und weiterer Flächenverbrauch von Hamsterlebensräumen für Städtebau und Industriegebiete gehen weiter, auch wenn wohlmeinende Leitfäden den Schutz der Art verbessern sollen (z. B. Breuer et al. 2016 für Niedersachsen), diese aber nicht in ausreichendem Maße umgesetzt werden. Hinzu kommen die geplante Anlage von Sonderkulturen unter Folie (Gemüseanbau) und der Leitungsbau unterirdischer Stromtrassen durch noch verbliebene Hamstergebiete in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern. Die Abgrenzung einer lokalen Population des Feldhamsters in Deutschland wurde durch Meinig et al. (2013) definiert. Der Europäische Gerichtshof hat in einem Verfahren gegen die Französische Republik festgelegt, dass für eine lebensfähige lokale Population der Art 1.200–1.500 Individuen erreicht werden müssen (EuGH 2011). Untersuchungen, die dies für Teile des bundesdeutschen Verbreitungsgebietes nachweisen, liegen nicht vor.
Einbürgerungsstatus
Indigene oder Archäobiota
Quelle

Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2): 73 S.